Behind the scenes

Auf einer Kaffeeauktion mit Jad Belmezouar

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Auf einer Kaffeeauktion mit Jad Belmezouar

In Ostafrika gibt es ein ganz besonderes System des Kaffeeverkaufs: die Kaffeeauktion – ein schnelles, transparentes Verfahren, bei dem jedes Los zu seinem tatsächlichen Wert verkauft wird. Jad Belmezouar gibt uns einen Einblick in die Welt der Kaffeeauktionen in Kenia und Tansania und zeigt, was das System so einzigartig macht.

Das Auktions-verfahren verstehen

Was genau passiert eigentlich bei einer Kaffeeauktion? Könntest du uns den Ablauf einmal erklären?

Ungefähr eine Woche vor der Auktion erhalten wir Proben von jedem Los, jeweils mit Angaben zur Kooperative, Fabrik oder Waschstation und einer individuellen Chargennummer. Wir verkosten sie alle sorgfältig, bewerten den Rohkaffee und halten unsere Eindrücke in einem Katalog fest, um gut vorbereitet zu sein.

Dienstag ist Auktionstag: Es geht morgens los und endet erst, wenn das letzte Los verkauft ist. Manchmal geht das ganz schnell und wir sind am frühen Nachmittag fertig, aber manchmal wird so aktiv geboten, dass es sich bis in den Abend hinein zieht.

Jedes Los – egal ob ein einzelner Sack oder 150 – erscheint mit einer Preisanzeige auf der Onlineplattform. Solange mindestens zwei Personen mitbieten, steigt der Preis auf der Anzeige immer weiter. Sobald nur noch ein Bieter oder eine Bieterin übrig ist, bleibt die Anzeige stehen, was bedeutet, dass das Gebot den Zuschlag erhalten hat.

Was macht diese Art des Handels so einzigartig oder besonders? Was unterscheidet sie von anderen Arten des Kaffeeverkaufs?

Diese Form des Handels ist einzigartig, da sie eine der transparentesten und fairsten Methoden zur Ermittlung eines reellen Marktpreises darstellt. Jede Käuferin und jeder Käufer kann zur gleichen Zeit auf dieselben Informationen zugreifen und es wird offen auf jedes Los geboten. Für die Verkäuferinnen und Verkäufer (also die Bäuerinnen und Bauern selbst) entsteht so eine Art Echtzeit-Ausschreibung für jedes einzelne Kaffeelos, was dafür sorgt, dass der Preis die tatsächliche Nachfrage abbildet. Dieses hohe Maß an Transparenz und Wettbewerbsfähigkeit lässt sich mit anderen Verkaufsmethoden nur schwer erreichen und führt oft dazu, dass die Bäuerinnen und Bauern den bestmöglichen Preis für ihren Kaffee erhalten.

Was sind die Hauptunterschiede zwischen den Auktionssystemen in Kenia und Tansania?

Einer der größten Unterschiede liegt darin, wie viel Kaffee versteigert wird. In Kenia wird seit den regulatorischen Änderungen fast der gesamte Kaffee (ca. 95 %) über Auktionen verkauft. Tansania hingegen hat einen wesentlich gemischteren Ansatz. Dort wird ein kleinerer Teil der Produktion versteigert und mehr Kaffee über direkte Kanäle oder alternative Vertriebssysteme verkauft.

Persönliche Erfahrung

Was war dein erster Eindruck, als du zum ersten Mal bei einer Kaffeeauktion warst? Was hat dich am meisten überrascht oder beeindruckt?

Als erstes fiel mir auf, dass jedem Los dieselbe Aufmerksamkeit und Zeit geschenkt wurde. Ich war auch beeindruckt davon, wie effizient das ganze System in Bezug auf die Preisfindung ist. Man konnte dabei zusehen, wie der Markt in Echtzeit reagierte.

Was mich auch überraschte, war das unterschiedliche Verhalten der Käuferinnen und Käufer. Alle hatten ihre eigenen Bedürfnisse und Prioritäten, sodass man je nachdem, wer sich für ein bestimmtes Los interessierte, völlig unterschiedliche Bietmuster beobachten konnte.

Wie hast du dich persönlich in diesem Handelsumfeld gefühlt?

Ich persönlich hatte das Gefühl, vollkommen in das Handelsmodell einzutauchen und im Zentrum der Wertschöpfung und -bestimmung zu sein. Ich fühlte mich auch sehr stark mit den kenianischen Kaffeebäuerinnen und -bauern verbunden, weil ich mit eigenen Augen sehen konnte, wie sich ihre Mühen und Entscheidungen auf dem Markt widerspiegeln und wie jedes Los Kaffee seinen Platz findet.

Auktionen machen sich das natürliche Wettbewerbsverhalten zu Nutze. Andere bieten zu sehen, löst eine Mischung aus Aufregung und Interesse aus, was oft dazu führt, dass die Gebote etwas über den ursprünglichen Preisvorstellungen liegen, was letztendlich den Erzeugerinnen und Erzeugern zugutekommt.

Steckbrief
Info

NAME
Jad Belmezouar

AKTUELLE FUNKTION BEI DER NKG
Coffee Trader, NKG East Africa

ERSTER ARBEITSTAG BEI DER NKG
1. Mai 2025

EINE SACHE, DIE DIE LEUTE VIELLEICHT NICHT VON DIR WISSEN
Die Leute sind immer überrascht, wenn sie erfahren, dass ich zwei Jahre in Westuganda gelebt und dort mitten im Busch Waschstationen geleitet habe. Es war einer der entlegensten aber gleichzeitig schönsten Orte, an denen ich je war.

WAS GEFÄLLT DIR AN DER ARBEIT MIT DEINEM TEAM AM BESTEN?
Die kontinuierlichen Herausforderungen, durch die ich jeden Tag dazulerne. Ich liebe das kulturelle Umfeld und die ehrliche Herzlichkeit meiner Kolleginnen und Kollegen. Und natürlich unseren zweifellos einzigartigen Sinn für Humor.

Nach vorne
schauen

Denkst du, dass sich das Auktionssystem in Zukunft ändern wird? Gibt es Trends oder Entwicklungen, die Auswirkungen auf den Ablauf der Auktionen haben könnten?

Gute Frage. Ja, ich glaube, dass sich das Auktionssystem wesentlich verändern wird. Es gibt mehrere deutliche Trends und Entwicklungen, die sich in Zukunft auf den Ablauf der Kaffeeauktionen auswirken könnten:

  • Die kenianische Regierung möchte ihre Auktionen über eine reine Online-Plattform für internationale Käuferinnen und Käufer öffnen, wodurch weltweit mitgeboten werden könnte.
    Das könnte zu einem demokratischeren Zugang, mehr Wettbewerb und möglicherweise höheren Preise führen, was den Bäuerinnen und Bauern zugutekäme.

Warum hältst du es für wichtig, dass die anderen in der Gruppe verstehen, wie diese Auktionen ablaufen?

Hinter einer erfolgreichen Auktion steckt viel mehr als das, was an dem einen Tag auf dem Bildschirm abläuft. Im Vorfeld wird enorm viel Arbeit hineingesteckt – Probenahme, Verkostung, Katalogisierung und Logistik – und die Art und Weise, wie wir uns vorbereiten, bestimmt die Qualität der Lose, die die Käuferinnen und Käufer bekommen. Bei der Auktion selbst geht es um aktive Teilnahme: Durch hohe Aufmerksamkeit und schnelle Entscheidungen können wir eine schlechte Selektion vermeiden und Qualitätsrisiken reduzieren. Nach der Auktion bin ich immer total erschöpft, daher mache ich dienstagabends normalerweise nicht mehr viel.

Durch Auktionen ergeben sich auch Chancen: Dadurch, dass viele verschiedene Lose und Qualitätsgrade zugleich angeboten werden, können wir ein breites, durchdachtes Produktportfolio für unterschiedliche Kundenbedürfnisse aufbauen.

Ich hoffe, ich konnte unseren Kolleginnen und Kollegen gut näherbringen, wie viel Herzblut wir in diesen Prozess stecken – sowohl vor als auch während der Auktion – und wie wir durch dieses Engagement die richtigen Kaffees für die richtigen Käuferinnen und Käufer sichern und Qualitätsprobleme vermeiden.

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